
Hans J. Schäfer interessierte
sich für organische Elektrochemie
zur Synthese, selektive
Funktionalisierungen und
für Fettsäuren als nachwachsende
Rohstoffe.
Hans J. Schäfer wurde am 20. April 1937 in Mannheim geboren. Nach dem Abitur studierte er Chemie an der Universität Heidelberg, wo er bereits im Alter von 26 Jahren in der Arbeitsgruppe von Ulrich Schöllkopf mit einer Arbeit über die Stereochemie anionischer Umlagerungen promoviert wurde. Daran schloss er ein Postdoc-Jahr in derselben Gruppe an, die inzwischen nach Göttingen gezogen war. Von 1964 bis 1966 als Postdoc bei K. B. Wiberg an der Universität Yale befasste er sich mit dem Mechanismus der Chromsäure-Oxidation sekundärer Alkohole.
1966 kehrte er nach Deutschland zurück und habilitierte sich 1970 an der Universität Göttingen mit einer Arbeit über organische Elektrosynthesen, speziell anodische Additionen und Dimerisierungen. Damit eröffnete er sein eigenes Forschungsgebiet. 1973 folgte er einem Ruf an das Organisch-Chemische Institut der Universität Münster, wo er bis zu seiner Emeritierung forschte und lehrte.
Hans Schäfer war ein Pionier der elektroorganischen Chemie. Diese verstand er vor allem als Synthesemethode: gemischte Kolbe-Elektrolyse für Pheromone, selektive Abspaltung von Schutzgruppen für Doppelbindungen oder Alkohole,
Pionier der elektroorganischen Chemie
anodische Dimerisierung zu Heterocyclen sowie elektrochemische Cyclisierung oder Kupplung als Schlüsselschritt in Naturstoffsynthesen. Im Zeitalter „grünen“ Stroms erlebt die elektroorganische Chemie gerade eine Renaissance. Sein Interesse an selektiven (elektro-)chemischen Funktionalisierungen führte ihn zu nachwachsenden Rohstoffen. Er beschäftigte sich et
wa damit, wie sich Fettsäuren aus Pflanzenölen in Oleochemikalien und Tenside umwandeln lassen, sich modifizierte Fettsäuren an Grenzflächen orientieren oder Photoreaktionen in Mizellen ablaufen. Mehr als 240 wissenschaftliche Publikationen dokumentieren Hans Schäfers Arbeit. Für seine Leistungen erhielt er unter anderem im Jahr 1971 das Dozentenstipendium des Fonds der Chemischen Industrie, 1989 den Japanese Society for the Promotion of Science Award, 1998 den Manual Baizer Memorial Award der Electrochemical Society und 2002 die Normann-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft.
Hans Schäfer war ehrgeizig, diszipliniert und bereitete seine Vorlesungen sorgfältig vor. Er stellte hohe Anforderungen an sich und andere: In Promotionsprüfungen etwa mussten die Kandidat:innen für kürzlich erschienene Synthesen Routen vorschlagen, Reagenzien benennen und die Mechanismen der einzelnen Stufen erläutern. Er forderte Diplomand:innen und Doktorand:innen auf, ihre Ergebnisse früh auf Tagungen und Kongressen zu präsentieren. Pflicht für die Mitarbeiter:innen in der organischen Elektrochemie war das jährliche internationale „SandbjergMeeting“ der Universität Aarhus. An den legendären Abenden dort konnte man Hans Schäfer bisweilen ganz locker erleben. Hans Schäfer liebte die Berge: In seinen Urlauben unternahm er häufig Bergwanderungen mit seiner Frau. Anfang der 1980er Jahre etablierte er zudem jährliche Alpenwanderungen mit seinem Arbeitskreis. In einwöchigen Wanderungen von Hütte zu Hütte entstand ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl. Im letzten Jahr feierten Hans Schäfer und seine geliebte Frau Ursel ihre diamantene Hochzeit. Ihren unerwarteten Tod im Mai dieses
Kompetenter Wissenschaftler mit menschlich-sympathischem Wesen
Jahres hat er wohl nicht mehr überwunden. So folgte er ihr nur drei Monate später am 17. August 2024. Er hinterlässt zwei Kinder und zwei Enkelkinder, um die er sich zusammen mit seiner Frau in den Jahren nach seiner Emeritierung liebevoll gekümmert hat. Schäfer verkörperte wissenschaftliche Kompetenz in einem menschlich-sympathischen, zurückhaltenden Wesen: Seine Doktorand:innen sowie Kolleginnen und Kollegen werden ihn als Mensch und Wissenschaftler in dankbarer Erinnerung behalten.
Johannes Kaulen, Odenthal
Peter Metz, Wuppertal